Wer mal ein wenig hinter die Kulissen bei Alte Künste schauen möchte:
Ich wurde von Pascuali interviewt:
Wir möchten euch heute Margit Hofmann von Alte Künste // Ancient Arts vorstellen.
Liebe Margit,
danke das du dich bereit erklärt hast, ein kleines Interview zu geben!
Wie bist du zur Färberei gekommen?
Zum Färben – und bei mir war das gleich das Färben mit Pflanzen- und Naturfarben – bin ich über meinen Mann gekommen. Als Handwerksmeister verbringt er einen Großteil seiner Freizeit damit alte Handwerkstechniken wie Feuerschmieden oder Mollenhauen vorzuführen. Als Kind hatte ich Spinnen mit einer Handspindel gelernt, damit hatte ich die ideale Beschäftigung, um ins Hintergrundbild zu passen und mich mit den netten Menschen, die in Freilichtmuseen und bei Handwerksvorführungen ebenfalls im Hintergrund alles am Laufen halten, anzufreunden: Archäologen, Museumspädagogen, noch mehr Handwerker und Restauratoren. Und da ich meine Füße ja nie still halten kann, habe ich immer mit angepackt, wo es grad notwendig war. So konnte ich in viele historische Handwerks- und Handarbeitstechniken hinein schnuppern.
Hängen geblieben bin ich dann beim Färben, da mich vor allem die besondere Farbpalette der Pflanzen- und Naturfarben gefesselt hatte. Und diese Farbpalette wollte ich in Deutschland wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen, denn zu meiner großen Überraschung, ist die Verbreitung, Wahrnehmung und Akzeptanz von Pflanzenfärbungen im Ausland deutlich höher als hier in Deutschland. Und damit war auch klar, dass ich nicht im musealen Umfeld färben möchte, sondern auf modernen und hochwertigen Strick- und Handarbeitsgarnen.
Wie lange färbst du schon?
Alte Künste // Ancient Arts habe ich 2011 gegründet. Da ich aus einer Unternehmerfamilie stamme und von Kindesbeinen an bei diversesten Firmengründungen dabei war, habe ich davor eine gründliche Marktanalyse gemacht, wo ich hin will mit meiner Idee und mir das in meinen Augen notwendige Fundament geschaffen: ich bin erstmal zu professionellen Pflanzenfärbern in Frankreich und Großbritannien gefahren und habe mich dort ausbilden lassen. Denn wie gesagt, das Wissen und die Einstellung zum Färben mit Pflanzen-und Naturfarben ist im Ausland deutlich weiter verbreitet als hier in Deutschland.
Was hast du vorher gemacht?
Vor Urzeiten und in einem anderen Leben habe ich in Wirtschaftswissenschaften promoviert und dann viele Jahre in der internationalen Finanzwirtschaft gearbeitet. Irgendwann habe ich mich gefragt, ob ständig von einem Flughafen zum anderen zu hetzen, von einer Metropole zur nächsten, von der ich außer Großraumbüros, Taxis und Flughäfen nichts anderes sah, alles sein sollte im Leben – oder ob es da nicht noch ganz andere Dinge gab, die das Leben lebenswert und spannend machen.
Du färbst nicht nur, sondern gibst auch Kurse zur Färberei und Handspinnerei. Wer darf da mitmachen? Wie gestaltet sich ein Kurs?
Jeder, der Neugierde mitbringt und Lust auf das Thema hat. Es sind keine Vorkenntnisse notwendig und mitbringen muß man meistens auch nichts. Ich möchte die Hemmschwelle so gering wie möglich halten. Mein Ziel bei meinen Kursen ist es, den Teilnehmerinnen die notwendigen Grundkenntnisse zu vermitteln und sie dann so viel wie möglich selbst machen zu lassen. Nach meiner Erfahrung lernt man Dinge viel schneller und nachhaltiger, wenn man sie selbst macht, als wenn man nur jemandem zuhört oder zuschaut.
Ich möchte, dass die Teilnehmerinnen meiner Kurse nach Hause gehen und es sich zutrauen, zuhause auszuprobieren, was wir im Kurs gemacht haben. Es geht mir nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um Motivation, selbst kreativ zu werden.
Auf deiner Internetseite steht, dass deine „Sichtweise auf Pflanzenfarben und Färben mit Pflanzen ist geprägt durch die Zusammenarbeit mit Restauratoren und Archäologen im Textilbereich.“
Wie/Was kann man sich darunter vorstellen?
Das gestaltet sich ganz vielfältig und reicht von Auftragsfärbungen für Museen, wo z.B. für eine Ausstellung ein Stoff-Farbkreis aus Pflanzenfärbungen gewünscht ist, oder Unterstützung bei der Zusammenstellung eines kinderpädagogischen Teils einer Ausstellung zu Fasern und Textilien. Ich arbeite aber auch direkt mit Restauratoren und Archäologen zusammen, wenn wir gezielt historische Färberezepte reproduzieren oder auch experimentieren, um die Rezepte wieder neu zu entdecken für Färbungen, die historisch belegt sind, aber keine Rezepte überliefert wurden.
Außerdem besuche ich wissenschaftliche Konferenzen zu historischen Textilien und stelle dort z.T. auch meine Erfahrungen vor.
Wo bekommst du die Pflanzen her, die du zum Färben benutzt? Und: sind alle Pflanzen gleichermaßen geeignet?
Ich kaufe meine Färbedrogen im Fachhandel für Apotheken, Künstlerbedarf und Restauratorenbedarf. Deutschland ist so zersiedelt und wir haben so wenig ungestörte Grünflächen, dass ich es ablehne, Färbepflanzen wild in der Natur zu räubern – mal ganz davon abgesehen, dass ich die Mengen an Färbedrogen, die ich benötige gar nicht in Deutschland in der freien Natur finden könnte. Natürlich kann jede zuhause bei sich im Garten für den Eigenbedarf sammeln oder anpflanzen. In der freien Natur sollten die Pflanzen meiner Meinung nach in Ruhe gelassen werden, da viele klassische Pflanzen unter Naturschutz stehen.
Zum sinnvollen Färben mit Pflanzenfarben nehme ich nur Färbepflanzen, die lichtecht und waschecht färben, also Pflanzen, deren Färbungen sowohl die Waschmaschine überleben, als auch ihre Farbe nicht innerhalb einer Wochen oder Monate verlieren. Welche Pflanzen dazu geeignet sind und welche nicht, ist historisch überliefert. Man muß sich dazu einfach in die Materie einarbeiten. Ich lehne es ab mit Pflanzen zu färben, bei denen bekannt ist, dass sie nicht licht- oder waschecht sind. Denn die Qualität von Pflanzenfärbungen kann locker mit industriellen und Säurefärbungen mithalten, wenn man sich daran hält.
Was ist das besondere an Indigo-Färben?
Das Besondere an Indigo ist, dass es einen eigenen chemischen Prozess benötigt, um damit Färben zu können. Der Indigo-Farbstoff ist nicht wasserlöslich, um damit färben zu können muß Indigo unter Einsatz bestimmter Chemikalien in einen wasserlöslichen Zustand gebracht werden. Die Färbung, die dabei entsteht ist im ersten Moment, wenn man sie aus dem Wasser holt grün – und schlägt dann in blau um, wenn sie mit dem Luftsauerstoff in Berührung kommt. Es ist also eine Oxidationsfärbung. Den Augenblick des Farbumschlags mitzuerleben ist auch nach vielen Jahren des Färbens immer noch ein toller Moment.
Was machst du sonst gerne, wenn du mal nicht im Färbetopf rührst?
Neben dem Färben wird mein Alltag durch die Pflege meiner Eltern bestimmt. Beide sind fast 90 und meine Mutter leidet zusätzlich an Demenz. Jeder Tag beginnt mit der Frage, ob die Nacht gut war oder nicht, ob wir einen Arzt brauchen oder kurzfristig ins Krankenhaus müssen. Das läßt sich nicht vorhersehen und so werden meine sorgfältig geplanten Arbeitstage immer wieder gewaltig durcheinander gewirbelt. Das sind dann die Tage, an denen ich noch bis spät in die Nacht an den Färbetöpfen stehe, um meine Termine einzuhalten. Denn tagsüber geht die Gesundheit meiner Eltern vor. Manchmal heißt es ja alte Menschen werden wieder wie kleine Kinder. Das tun sie meiner Meinung nach nicht, natürlich können einige kindische Verhaltensweisen auftreten, aber Menschen aus dem Leben zu begleiten ist etwas völlig anderes als kleine Menschen auf ihr eigenes Leben vorzubereiten.
Was sind deine Wünsche und Ziele für 2018?
Im kommenden Jahr möchte ich endlich den schon lange geplanten Färbegarten angehen! Wir haben ein schönes, sonniges Grundstück, das nach einigen Jahren anderweitiger Verwendung jetzt als Schaugarten für Färbepflanzen angelegt werden soll. Darauf freue ich mich sehr, denn mir macht Gartenarbeit Spaß und ich träume seit vielen Jahren vom einem Färbegarten.
Ganz herzlichen Dank, Margit!
Zuerst erschienen bei: https://www.pascuali.de/…/Interview-mit-Margit-Hofman…/b-47/